Dies ist eine alte Version des Dokuments!
2. Nahsehschärfe und Lesevermögen
2a.1 Untersuchungsziele
Untersuchungsziele sind die Ermittlung der Sehschärfe bzw. der Lesefähigkeit im Nahbereich, d.h. von 10 cm bis 50 cm. An den Nahbereich schließt sich der Intermediärbereich jenseits von 50 cm bis 2 m an, der für die Arbeit am Computermonitor und das Sehen im Raum wichtig ist. Die meisten der hier vorgestellten Untersuchungsverfahren lassen sich auch auf den Intermediärbereich anwenden.
2a.2 Begriffe, Definitionen, Normen, physikalische und physiologische Grundlagen
Das Nahsehen kann man entweder mit Einzeloptotypen oder mit Lesetexten prüfen. Diese beiden Messmethoden können, besonders bei Patienten mit Visusminderungen, sehr unterschiedliche Ergebnisse liefern, da sie das visuelle System auf unterschiedliche Weise fordern. Deshalb gelten für die Messung der Nahsehschärfe mit Einzeloptotypen und des Lesevermögens mit Lesetexten unterschiedliche Normen und Messvorschriften. Die beiden Begriffe „Nahsehschärfe“ und „Nahlesesehschärfe“ charakterisieren unterschiedliche Sehleistungen und müssen genau voneinander unterschieden werden.
Die beiden Begriffe „Nahsehschärfe“ und „Nahlesesehschärfe“ charakterisieren unterschiedliche Sehleistungen und müssen genau voneinander unterschieden werden.
2a.2.1 Nahsehschärfe / Nahvisus (near visual acuity): Die „Nahsehschärfe“ bzw. der „Nahvisus“ [4] ergibt sich aus der Größe der kleinsten Einzeloptotypen (z.B. Landoltringe, Buchstaben, Zahlen, E-Haken, LEA™-Symbole), die bei einem Betrachtungsabstand von ≤ 50 cm noch erkannt werden.
2a.2.2 Nahlesesehschärfe (minimum legibile, near reading acuity): Die „Nahlesesehschärfe“ [4] ergibt sich aus der kleinsten Schriftgröße eines genormten Lesetextes, der in einem festgelegten Abstand noch gelesen werden kann.
2a.2.3 Reihenoptotypensehschärfe (crowding acuity): Der Begriff „Reihenoptotypensehschärfe“ bezeichnet die Sehschärfe, die mit eng beieinanderstehenden Optotypen gemessen wird. Durch den geringen Optotypenabstand kann es bei Amblyopie zu einer Kontureninteraktion und Trennschwierigkeiten kommen.
2a.2.4 Lesegeschwindigkeit (reading speed): Die „Lesegeschwindigkeit“ gibt an, wie schnell ein Text einer bestimmten Buchstabengröße gelesen werden kann.
2a.2.5 Kritische Buchstabengröße (critical print size): Der Begriff „kritische Buchstabengröße“ kennzeichnet die kleinste Schriftgröße, die noch mit normaler Lesegeschwindigkeit gelesen werden kann. Etwas kleinere Schrift kann zwar auch noch gelesen werden, aber nur mühsam und langsamer.
2a.2.6 Sehzeichen
Normsehzeichen zur Nahsehschärfebestimmung: Eine normgerechte Sehschärfebestimmung mit Einzelzeichen muss mit dem 8-Positionen-Landoltring gemäß DIN EN ISO 8596 durchgeführt werden [6,23,24]. Nach DIN 58220, Teil 3 [5] kann der Landoltring auch zur Bestimmung der Nahsehschärfe verwendet werden.
Der Zahlenwert der Nahsehschärfe für Einzelzeichen wird in Deutschland normalerweise als „dezimale Nahsehschärfe“ angegeben. Einem Landoltring mit einer Lückenbreite von 1 Winkelminute wird der dezimale Nahsehschärfewert von 1,0 zugeordnet. Dieser Landoltring hat einen angulären Durchmesser von 5 Sehwinkelminuten. Alternativ kann die Nahsehschärfe als „LogMAR-Sehschärfe“ oder „Snellen-Bruch“ angegeben werden [6].
Klinische Sehzeichen: In einem informativen Anhang der DIN EN ISO 8596 sind zusätzlich „klinische Sehzeichen“ gelistet. Dazu zählen die ETDRS-Tafel, der E-Haken und spezielle Kindersehzeichen (z.B. LEA™-Symbole). Die klinischen Sehzeichen sind dem Landoltring in der Norm aber nicht gleichgestellt, da sie selbst bei gleicher Größe und Strichbreite unterschiedlich gut erkennbar sein können. Für Gutachten nach DIN 58220, Teil 3 dürfen diese Sehzeichen nicht verwendet werden.
Genormte Lesetexte: Das Lesen ist eine komplexe Aufgabe, die weit mehr verlangt als das Erkennen einzelner Buchstaben oder Landoltringe. Für eine zuverlässige Bestimmung der Nahlesesehschärfe müssen standardisierte Sehtesttafeln verwendet werden. Auf dem Weg zur Standardisierung dieser Lesetafeln hat Radner wichtige Beiträge geleistet [15,16,17]. Nach der neuen DIN EN ISO 7921 [7] wird der Nahlesesehschärfewert aus der Höhe der „einfachen“ Kleinbuchstaben ohne Oberlängen und Unterlängen, wie z.B. „x“ oder „z“ berechnet. Diese Buchstabenhöhe wird „x-Höhe“ oder „Mittellänge“ genannt.
Der Zahlenwert der Nahlesesehschärfe wird in Deutschland normalerweise in der Maßeinheit „dezimale Nahlesesehschärfe“ angegeben. Ein dezimaler Nahlesesehschärfewert von 1,0 ist erreicht, wenn eine Schrift gelesen werden kann, deren x-Höhe 5 Sehwinkelminuten beträgt. Alternativ kann die Nahlesesehschärfe auch mit den Maßeinheiten „logRAD“, „M-Größe“, „N-Größe“ sowie als „reduzierter Snellen-Bruch“ bezeichnet werden.
In der DIN EN ISO 7921 wurde festgelegt, dass die Schriften „Times New Roman“ (mit Serifen) oder „Helvetica“ (ohne Serifen), mit normaler Schriftbreite und -zeichenabstand verwendet werden dürfen. Diese beiden Schriftarten liefern nach vergleichenden Untersuchungen den gleichen Wert für die Nahlesesehschärfe [16,17]. Kursive, fette oder magere Schriften und andere Hervorhebungen sind nicht erlaubt. Zusätzlich erlaubt die Norm auch andere Schriftarten, die „ähnlich“ aussehen, wie die beiden oben genannten, ohne genau zu spezifizieren, was ähnlich bedeutet. Dies ist eine Schwachstelle der neuen Norm, denn „ähnlich“ ist ein unscharfer Begriff. Diese zusätzlichen Schriften wurden aber erlaubt, damit die Hersteller von Nahlesetests auch andere Schriften, auf die keine Lizenzgebühren erhoben werden, verwenden dürfen.
Die Nahleseproben der verschiedenen Hersteller unterscheiden sich unter anderem durch die Länge der Lesetexte, die sprachliche Standardisierung und die Anzahl der Visusstufen, in denen die Lesetexte angeboten werden. So enthalten die Radner Lesetafeln kurze Sätze mit jeweils 14 Wörtern pro Visusstufe und lange Texte mit jeweils 111 Wörtern. Der IReST Lesetest enthält längere Texte mit durchschnittlich 132 Wörtern [20]. Beide Lesetafeln wurden hinsichtlich des sprachlichen Niveaus, der linguistisch/syntaktischen Komplexität sowie in den Wortlängen standardisiert [1,15,16,17,20].
Unterschied zwischen Nahsehschärfe und Nahlesesehschärfe
Landoltringe vom Nahsehschärfewert 1,0 müssen nach der Norm 5 Winkelminuten hoch sein. Lesetexte haben einen Nahlesesehschärfewert von 1,0, wenn die Höhe der Kleinbuchstaben (x-Höhe) 5 Winkelminuten beträgt. Deshalb werden – bei gleichem Visuswert – die Einzeloptotypen (Landoltringe, Großbuchstaben und Zahlen) in den normgerechten Nahleseproben genauso hoch gedruckt wie die Kleinbuchstaben des Lesetextes.
2a.2.7 Leseabstand
Leseabstand für Einzelzeichen: Die deutsche Norm zur Sehschärfebestimmung für Gutachten, DIN 58220, Teil 3 [5] legt als Prüfentfernungen für die Nähe 25 cm, 33 cm und 40 cm fest. Meist wird eine Prüfentfernung von 40 cm bevorzugt.
Leseabstand für Lesetexte: Die Norm DIN EN ISO 7921 legt 40 cm als den empfohlenen Prüfabstand zum Lesen fest und bezieht alle Berechnungen auf diesen Abstand. Die Norm erlaubt aber auch Messungen in anderen Abständen. Als Beispiel wird die Messung der Lesesehschärfe eines Patienten beim Betrachten eines Computerbildschirms im Abstand von 60 cm genannt oder die Messung in sehr kurzen Distanzen bei Verwendung eines Nahzusatzes über +2,50 dpt. In einem klinischen Anhang der Norm werden geeignete Umrechnungsmöglichkeiten vorgestellt [7].
Leseabstand für vergrößernde Sehhilfen: Die Entfernung 25 cm stammt aus der physikalischen Optik und wird als Bezugssehweite bezeichnet [4]. Auf dieser Entfernung basieren wichtige Formeln zu Berechnung der Vergrößerung einer Lupe. Dieser Abstand wird in der ärztlichen und optometrischen Praxis oft zur Bestimmung des Vergrößerungsbedarfs von Sehbehinderten verwendet [3].
2a.2.8 Abstufung der Sehzeichen: Eine Forderung der DIN EN ISO 7921 besagt, dass Nahleseproben nur dann normgerecht sind, wenn sie sämtliche Visusstufen der logarithmisch gestuften Normzahlreihe R10 beginnend bei einem - vom Hersteller selbst festzulegenden - kleinsten Wert (z.B. Visuswert 0,05) bis hin zum Visuswert 1,0 enthält [7,12]. Höhere Visuswerte sind optional erlaubt. Einfache Nahsehproben, die nur eine kleine Auswahl von Visusstufen enthalten und in der Klinik z.B. zur Nahbrillenbestimmung verwendet werden, sind zur normgerechten Bestimmung der Nahlesesehschärfe nicht geeignet.
2a.2.8 Abstufung der Sehzeichen: Eine Forderung der DIN EN ISO 7921 besagt, dass Nahleseproben nur dann normgerecht sind, wenn sie sämtliche Visusstufen der logarithmisch gestuften Normzahlreihe R10 beginnend bei einem - vom Hersteller selbst festzulegenden - kleinsten Wert (z.B. Visuswert 0,05) bis hin zum Visuswert 1,0 enthält [7,12]. Höhere Visuswerte sind optional erlaubt.
Einfache Nahsehproben, die nur eine kleine Auswahl von Visusstufen enthalten und in der Klinik z.B. zur Nahbrillenbestimmung verwendet werden, sind zur normgerechten Bestimmung der Nahlesesehschärfe nicht geeignet.
2a.2.9 Ergänzende Normen
Der technische Report ISO/TR 19498 [13] ergänzt die DIN EN ISO 8596. Er beschreibt ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren, mit dem es möglich ist, klinische Optotypen an den Landoltring anzupassen.
Die DIN EN ISO 10938 [8] spezifiziert Anforderungen an die Bildqualität der Optotypen und die Darbietungsverfahren. Seit 2017 dürfen neben gedruckten Visustafeln und Sehzeichenprojektoren auch geeignete elektronische Sehzeichendarbietungssysteme (z.B. Tablet-PCs) zur normgerechten Sehschärfeprüfung verwendet werden.
Die alte Norm zur Nahvisusbestimmung, DIN 58220 Teil 4, ist nicht mehr gültig.
2a.2.10 Umrechnung von Maßeinheiten: Die im deutschsprachigen Raum übliche Maßeinheit für die Nahsehschärfe ist die „dezimale Sehschärfe“. In der wissenschaftlichen Literatur wird die Sehschärfe oft in LogMAR-Einheiten angegeben. Diese Maßeinheiten kann man mit Hilfe einfacher Formeln ineinander umrechnen. So erhält man aus einem gegebenen LogMAR-Wert die dezimale Sehschärfe durch die Rechnung
dezimale Sehschärfe= 10^(-LogMAR).
Diese Formel findet man in der DIN EN ISO 8596:2018 und in [24].
Auf manchen Prüftafeln ist zusätzlich die „Normalentfernung“ der Optotypen angegeben. Dies ist der Abstand, aus dem die jeweiligen Sehzeichen den Visuswert 1,0 haben. Diese Prüftafeln kann man in einer beliebigen Prüfentfernung zur Visusbestimmung verwenden. Man ermittelt zuerst die kleinste Optotypenzeile, die in dieser Entfernung noch erkannt wird, und liest dann die neben der Zeile aufgedruckte Normalentfernung von der Tafel ab. Die dezimale Sehschärfe ergibt sich dann aus der Formel [24]
dezimale Sehschärfe = Prüfentfernung/Normalentfernung
Die verschiedenen Maßeinheiten für die Nahlesesehschärfe (dezimale Sehschärfe, logRAD, M-Größe, N-Größe, reduzierter Snellen-Bruch) lassen sich leider nicht so leicht ineinander umrechnen. Eine Tabelle, die die verschiedenen Maßeinheiten in Beziehung zueinander setzt, befindet sich in der Norm [7].
2a.3 Indikationen
Die Nahsehschärfe, gemessen mit Einzelsehzeichen, dient z.B. zum Vergleich der Visuswerte bei Fern- und Nahblick, zur Plausibilitätskontrolle der Ergebnisse in unterschiedlichen Entfernungen und zur Bestimmung und Überprüfung der Nahkorrektion bei Presbyopen. Ein Beispiel: Sieht ein Patient mit gutem Akkommodationsvermögen in 40 cm Landoltringe mit einem Visuswert 0,4, so muss er bei gleicher Sehschärfe und intakter Akkommodation mit der gleichen Prüftafel in 20 cm Landoltringe vom nominellen Visuswert 0,8 erkennen.
In Bezug auf die Alltagsrelevanz ist die alleinige Nahvisusbestimmung mit Einzeloptotypen allerdings von untergeordneter Bedeutung, da Nahtätigkeiten oft mit Leseanforderungen verbunden sind.
Die Nahlesesehschärfe für Lesetexte hat eine größere praktische Bedeutung als die Nahsehschärfe für Einzelzeichen. Nahleseproben werden zur Bestimmung der Nahkorrektion verwendet und zur Ermittlung des Vergrößerungsbedarfs bei vergrößernden Sehhilfen. Mit ihrer Hilfe kann man zentrale und parazentrale Funktionsstörungen im Gesichtsfeld und Trennschwierigkeiten erkennen. Außerdem ist sie zur Beurteilung zerebraler visueller Wahrnehmungsstörungen, kortikaler Ausfälle (Alexie) und anderer Erkrankungen von Bedeutung [21].
Die Nahsehschärfe für Reihenoptotypen wird zur Prüfung von Trennschwierigkeiten durch den „Crowding-Effekt“ bei Schielamblyopien mit sehr eng beieinanderstehenden Landoltringen (z.B. C-Test mit Landoltringen in 2,6 Winkelminuten Abstand) gemessen. Durch den geringen Optotypenabstand kann es bei Amblyopie zu einer Kontureninteraktion und Trennschwierigkeiten kommen. Deshalb ist die Reihenoptotypensehschärfe bei Amblyopie häufig um mehrere Visusstufen schlechter als die Einzeloptotypen-Sehschärfe [9,11,19].
2a.4 Methodik
Bei der Messung der Nahsehschärfe oder der Nahlesesehschärfe sollte man mit dem schlechteren Auge beginnen, dann das bessere Auge prüfen und schließlich den binokularen Visus feststellen. Als Startwert bietet sich ein Visuswert an, der etwas kleiner ist, als der bei der Fernvisusprüfung gefundene.
2a.4.1 Nahsehschärfe / Nahvisus für Einzeloptotypen
Nach DIN EN ISO 8596 und DIN 58220, Teil 3 sollen der Fernvisus und der Nahvisus mit Landoltringen und derselben Methodik geprüft werden. Insbesondere gelten nach DIN 58220, Teil 3 dieselben Abbruchkriterien (3 richtige Antworten von 5 Landoltringen, 5 Richtige von 8, oder 6 Richtige von 10) und dieselben Prüfreihenfolgen für beide Augen. So können die Sehschärfewerte bei Fern- und Nahblick direkt miteinander verglichen werden.
Mit mehreren modernen Nahsehproben kann man die Nahsehschärfe auch mit Buchstaben, Zahlen und E-Haken messen. Dies ist aber nicht normgerecht.
2a.4.2 Nahlesesehschärfe
Bei der Messung der Nahlesesehschärfe wird der Patient gebeten, den angebotenen Lesetext mit seiner eigenen Geschwindigkeit möglichst fehlerfrei vorzulesen. Bei Bedarf können die nicht betrachteten Visusstufen mit einem Blatt Papier abgedeckt werden.
Es ist allerdings nicht einfach, die Nahlesesehschärfe methodisch reproduzierbar zu messen, da ein einfaches Abbruchkriterium wie bei einzelnen Landoltringen fehlt. Die Definition von „normalem“ oder „flüssigem“ Lesen ist nicht einheitlich und in der Praxis sehr subjektiv. Die Lesesehschärfe hängt zudem von den Lesegewohnheiten, der Schulbildung und anderen Faktoren, wie z.B. einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS) ab. Dies hat zur Folge, dass bei gleichem Sehvermögen Patienten mit wenig Lesepraxis oder mangelnden Kenntnissen der deutschen Sprache oft eine schlechtere Lesesehschärfe erzielen.
2a.4.3 Lesegeschwindigkeit
Mit manchen Leseproben kann man außer der Nahlesesehschärfe auch zusätzliche Messgrößen, wie die Lesegeschwindigkeit und die kritische Buchstabengröße bestimmen. Die Radner Lesetafeln enthalten kurze dreizeilige Sätze mit jeweils 14 Wörtern in 14 Visusstufen und lange Texte mit 111 Wörtern in drei Visusstufen. Der IReST Lesetest zeigt 10 Lesetexte mit durchschnittlich 132 Wörtern in einer Schriftgröße, die normalem Zeitungsdruck entspricht. [20]. Beide Tafeln sind in zahlreichen Sprachen erhältlich. Wenn die Lesegeschwindigkeit besonders genau gemessen werden soll, empfiehlt sich die Verwendung der langen Lesetexte [1].
Zur Messung der Lesegeschwindigkeit empfiehlt die Anleitung zu den Radner Tafeln folgende Vorgehensweise (Anleitung hier verkürzt): Die PatientInnen werden gebeten: „Bitte lesen Sie so rasch und fehlerfrei wie möglich. Falls Sie einen Fehler machen, lesen Sie den Satz bitte zu Ende und beginnen nicht wieder von vorne.“ Die Zeit wird mit einer Stoppuhr vom Start bis zum Ende des Satzes gemessen. Fehler werden markiert. Wenn die Lesedauer für die 14 Worte der Radner Lesetafeln größer als 20 Sekunden ist, oder der Sinn des Satzes entstellt ist, wird der Test abgebrochen. Für den IReST Lesetest empfehlen Trauzettel-Klosinski et al. [20] eine ähnliche Vorgehensweise. Die Lesegeschwindigkeit ergibt sich dann aus der Formel:
Lesegeschwindigkeit[Wörter/Minute] = (60 * Anzahl der gelesenen Wörter)/(gemessene Lesezeit(s))
Ob die Anzahl der falsch gelesenen Wörter von der Gesamtzahl der gelesenen Wörter abgezogen werden muss oder nicht, wird unterschiedlich gehandhabt.
2a.4.3 Fremdsprachen
Um Sprachprobleme auszugleichen, können Patienten bei Bedarf mit fremdsprachigen Leseproben (z.B. Bailey–Lovie Word Reading Chart, Colenbrander English Continuous Text Near Vision Cards, IReST Reading Probe, MNREAD Charts, SKread Charts, Radner Reading Charts) untersucht werden.
2a.4.4 Darf man alte, einfache Nahleseproben noch weiterverwenden?
In den Kliniken und Augenarztpraxen sind häufig ganz einfache Lesetafeln im Gebrauch. Sie werden z.B. bei der Bestimmung der Nahbrille eingesetzt. Die einfachen Lesetafeln enthalten oft auch andere nützliche Lesetests, wie z.B. Noten, Auszüge aus Fahrplänen und Landkarten. Diese einfachen Lesetafeln sind aber nicht normgerecht, da sie nur wenige ausgewählte Visusstufen enthalten. Außerdem stimmen die Schriftart und x-Höhe oft nicht mit den Vorschriften der Norm DIN EN ISO 7921 überein. Deshalb dürfen diese Tafeln nicht verwendet werden, wenn die gemessenen Nahsehschärfewerte an Kollegen oder offizielle Stellen weitergegeben werden sollen.
2a.4.5 Trennschwierigkeiten
Ca. 90% der Patienten mit einer Schielamblyopie haben Trennschwierigkeiten [19]. Deshalb ist das Lesevermögen häufig stärker reduziert, als die Sehschärfe für Einzeloptotypen erwarten lässt. Das Ausmaß der Kontureninteraktion zeigt z.B. der C-Test nach Haase-Hohmann [11]. Er enthält sehr eng beieinander stehende Landoltringe mit 2,6´ Wikelminuten Abstand und Landoltringe mit 17,2’ Winkelminuten Abstand. Die Untersuchung kann entweder in 5 m oder in 40 cm durchgeführt werden.
Der Visus mit Landoltringen mit einem Abstand von 17,2´ Winkelminuten entspricht in etwa der Sehschärfe mit Einzeloptotypen. Im Verlauf einer Amblyopietherapie verbessert sich der Einzeloptotypenvisus oftmals auf fast normale Werte, während der Visus mit den eng stehenden Landoltringen (2,6') trotz der Behandlung deutlich erniedrigt sein kann. So ergab sich in klinischen Studien bei einem Einzeloptotypenvisus von 0,8 ein Visus für Reihensehzeichen zwischen 0,16 und 0,63 [19]. Damit kann bereits im Vorschulalter eine Aussage zur Amblyopiegefährdung und zur Art der späteren Weiterbehandlung gemacht werden.
2a.4.6 Vergrößerungsbedarf bei der Anpassung von vergrößernden Sehhilfen
Ein wichtiges Ziel der Anpassung von vergrößernden Sehhilfen ist die Wiederherstellung der Lesefähigkeit. Nach Diepes et al. [3] reicht dazu in der Regel ein mit Einzelzeichen gemessener Fernvisus von 0,4 bis 0,5. Der mit Einzelzeichen gemessene Visus ist aber bei eingeschränkten zentralen und parazentralen Gesichtsfeldern häufig wenig aussagekräftig, denn zum Lesen ist nach Aulhorn eine minimale Ausdehnung des Gesichtsfeldes von 4 Grad horizontal und 2 Grad vertikal nötig [3, 21]. Zusätzlich ist beim Lesen auch die Funktionsfähigkeit kortikaler Areale erforderlich, die für das Erkennen von Wörtern und Textzusammenhängen zuständig sind [21].
Deshalb werden zur Anpassung von vergrößernden Sehhilfen in erster Linie Lesetexte verwendet. Zur Bestimmung des Vergrößerungsbedarfs gibt es spezielle Nahleseproben. Diese Leseproben sind für die sog. Bezugssehweite von 25 cm berechnet. Aus dieser Entfernung verlangt normaler Zeitungsdruck eine Lesesehschärfe von etwa 0,25. Diese Schriftgröße wird als „Normaldruck“ bezeichnet. Wenn dieser Normaldruck gelesen werden kann, ist eine vergrößernde Sehhilfe meistens nicht nötig. Man sagt: Es liegt ein Vergrößerungsbedarf von 1x (also kein Vergrößerungsbedarf) vor.
Ausgehend vom Normaldruck bieten diese Prüftafeln deutlich größer gedruckte Lesetexte an. Es wird in 25 cm mit der besten Nahkorrektur für 25 cm geprüft, welche Schriftgröße noch flüssig gelesen werden kann [21]. Neben der kleinsten gelesenen Textzeile kann man den voraussichtlichen Vergrößerungsbedarf von der Tafel ablesen. Ist z.B. die gerade noch flüssig und ohne große Anstrengung lesbare Textgröße der Leseprobe in 25 cm doppelt so groß wie der Normaldruck, spricht man von einem „2-fachen Vergrößerungsbedarf“. Der so ermittelte Vergrößerungsfaktor dient anschließend als Ausgangswert für die Hilfsmittelerprobung. So kann bei 2-fachem Vergrößerungsbedarf beispielsweise eine Fernrohrlupenbrille mit 2-facher Vergrößerung ausprobiert werden. Alternativ kann man zur Fernkorrektion +8 dpt hinzuaddieren (mit Zusatzprisma Basis innen zur Konvergenzunterstützung) und diese Brillenstärke in einem sehr kurzen Leseabstand von 12,5 cm erproben.
Wegen des vergleichsweise geringen Leseabstands ist genau auf die Einhaltung des Abstands, eine für diese Entfernung angemessene Nahkorrektion und eine adäquate Beleuchtung zu achten: Bei völlig fehlendem Akkommodationsvermögen ist für 25 cm Abstand ein Nahzusatz von 1/0,25 m = +4.0 dpt als Addition zur bestmöglichen Fernrefraktion hinzuzurechnen.
2a.4.5 Minderung der Erwerbsfähigkeit und Nahsehschärfe
Bei der Mehrzahl der zu begutachtenden Patienten stimmen Fernvisus und Nahvisus (Einzeloptotypen) überein. Bei parazentralen Gesichtsfelddefekten, bei Patienten mit hoher Myopie oder bei Schielamblyopien können aber zum Teil erhebliche Differenzen auftreten. Des Weiteren führen postchiasmale, nah parazentrale (d.h. die zentralen 2° beeinträchtigende) homonyme Gesichtsfeldausfälle zu einer Beeinträchtigung des Lesevermögens. Sog. zentrale Sehstörungen, also Beeinträchtigungen zerebraler Areale außerhalb der primären Sehbahn („zentrale Alexie“ oder [Hemi-] Neglekt) reduzieren ebenfalls die Lesefähigkeit oder führen ggf. sogar zu einer völligen Leseunfähigkeit [21]. Für die Beurteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) durch Schäden des Sehvermögens hatte die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft 1981 empfohlen: „Ergeben sich Abweichungen zwischen Fern- und Nahvisus, so ist die MdE für beide Sehschärfewerte anhand der Tabelle zu ermitteln und für die Beurteilung ein Zwischenwert zu wählen, der bevorzugt den Nahvisus berücksichtigt.“ (siehe hierzu Gramberg-Danielsen & Mewe [10]). Mit der vollständigen Überarbeitung der Empfehlungen zur Beurteilung in der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) 1994 (Völcker & Gramberg-Danielsen [22], Burggraf [2]) entfiel jedoch die Berücksichtigung des Nahvisus. Seither ist bezüglich des zu ermittelnden Visus nur die DIN-konforme Sehschärfeprüfung für die Ferne bei der Beurteilung der MdE zugrunde zu legen.
Ein Grund für diese Bevorzugung der Fernvisusprüfung nach DIN 58220 war die Tatsache, dass die Nahsehschärfeprüfung in der Vergangenheit nicht ausreichend standardisiert erfolgen konnte, weil entsprechende Tests fehlten [18].
Hier hat sich die Situation zumindest hinsichtlich der Nahsehschärfeprüfung mit Einzeloptotypen geändert. Zum einen erlaubt die Norm DIN 58220, Teil 3 eine Nahsehschärfeprüfung mit Landoltringen in 25, 33 und 40 cm Abstand. Zum anderen sind in den modernen Nahleseproben von Oculus und Radner (siehe nachfolgende Tabellen) nun auch Landoltringe in allen relevanten Visusstufen enthalten. Damit ist jetzt zumindest eine genaue Nahsehschärfeprüfung mit Landoltringen und dem Abbruchkriterium 3 Richtige von 5 möglich.
Aufgrund der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung, die zu einer erheblichen Zunahme von Bildschirmarbeit geführt hat, erhält die Lesefähigkeit aber eine immer größere lebenspraktische Bedeutung. Durch die Kommunikation über Smartphone, Tablet und Bildschirm ist das visuelle System viel mehr als früher im Nahbereich gefordert. Daher hat die Lesefähigkeit mittlerweile eine wesentlich höhere Praxisrelevanz als die Nahsehschärfe für Einzeloptotypen. Es wäre daher wünschenswert, wenn in Zukunft eine wissenschaftlich fundierte gutachterliche Beurteilung der Nahlesesehschärfe in die gesetzlichen Vorschriften aufgenommen werden könnte.
Hier gibt es in den letzten Jahren große Fortschritte. Durch die 2024 verabschiedete Norm DIN EN ISO 7921 [7] wurde eine wichtige Voraussetzung zur Vereinheitlichung der Nahlesetests geschaffen. Auch die Gestaltung und Standardisierung der Lesetexte wurden in den letzten Jahren deutlich verbessert [15,16,17]. Schließlich gibt es mittlerweile wissenschaftliche Untersuchungen, in denen gezeigt wurde, dass die Nahlesesehschärfe unter Laborbedingung mit einer hohen Reproduzierbarkeit und einer kleinen Varianz gemessen werden kann [16,17].
Es besteht aber weiterhin das Problem des unklaren Abbruchkriteriums und die in Absatz 2a.4.2 geschilderten prinzipiellen Probleme einer Augenprüfung mit Lesetexten. Außerdem hat die Norm DIN EN ISO 7921 mit der Zulassung ähnlicher Schriften ein potentielles Problem geschaffen, denn es ist nicht klar, welche Schriften als ähnlich akzeptiert werden. Außerdem ist durchaus nicht sicher, dass alle ähnlichen Schriften die gleichen Nahlesesehschärfewerte liefern.
2a.5 Fehlerquellen
Bei allen Lesetafeln muss der vom Hersteller angegebene Leseabstand genau eingehalten werden, denn wegen der geringen Entfernung machen sich Abweichungen von der richtigen Prüfentfernung stärker bemerkbar als bei der Fernvisusprüfung. Nach DIN 58220, Teil 3 sind Entfernungsabweichungen von maximal ± 5 % erlaubt. Für 40 cm sind dies nur 2 cm (von 38 cm bis 42 cm) und für 25 cm nur 1,25 cm (von 23,75 cm bis 26,25 cm). Wegen des etwas größeren Toleranzbereiches sind daher größere Leseabstände zu bevorzugen.
Im Vergleich zum Fernvisus ist es also beim Nahvisus viel wichtiger, den Leseabstand korrekt vorzugeben und konstant einzuhalten. Dies trifft besonders auf die Visusprüfung bei Kindern oder schlechter sehende Jugendlichen zu, die durch eine Verringerung des Abstandes versuchen, bessere Ergebnisse zu erzielen.
Bei Schwierigkeiten, die Prüftafeln selbst zu halten, sollte der Lesetext vom Untersucher gehalten oder auf einem Ständer in der vorgesehenen Prüfdistanz aufgestellt werden.
Wegen der Nähe ist streng auf den adäquaten Nahzusatz und eine mögliche Akkommodationsinsuffizienz bei längerer Testdauer zu achten. Dabei sollte man bedenken, dass die Gebrauchsakkommodation (bei längerer Nahtätigkeit) niedriger als die maximal erreichbare Nahakkommodation ist (z.B. bei einem kurzen Sehtest). Im Zweifelsfall sollte der volle Nahzusatz aus dem Leseabstand berechnet und zur Fernrefraktion addiert werden.
Alle „alten“ Leseproben, z.B. die originalen Nieden-Texte und die Jäger-Tafeln, sollten in Deutschland nicht mehr verwendet werden, da sie den heutigen Qualitätsansprüchen nicht mehr genügen [14]. In den USA und in Österreich wird trotz der gravierenden Nachteile aber immer noch eine Nahvisusprüfung nach Jäger gefordert.
Verfärbte oder abgegriffene Tafeln sollten zeitgerecht erneuert werden. Die Leuchtdichte sollte, wie bei der Fernvisusbestimmung, zwischen 80 und 320 cd/m² liegen.
Jede Blendung vor oder während der Messung ist zu vermeiden.
Bei Analphabeten, Kindern im Vorschulalter, Patienten mit zentralen Sehstörungen (z.B. visuellen Agnosien) oder nicht lösbaren Sprach- oder Leseproblemen kann auf die Untersuchung der Reihenoptotypensehschärfe oder auf standardisierte Kindersehtests (z.B. LEA™-Symbole) ausgewichen werden. Dabei kann bei Bedarf das gefragte Sehzeichen mit einem Zeigeinstrument von oben oder von unten gezeigt werden. Die benachbarten Sehzeichen dürfen aber durch das Zeigeinstrument nicht verdeckt werden.
Bei der Nahsehschärfeprüfung sollten – wie bei der Prüfung des Fernvisus – monokular zunächst das schlechtere, dann das bessere Auge und zum Schluss beide Augen gleichzeitig getestet werden.
2a.6 Befunddarstellung
Bei der Dokumentation der Nahsehschärfe sollte die Prüfentfernung, die verwendete Korrektion und die Art der Sehprobe mit angegeben werden.
Bei den drei im Tabellenteil gelisteten Nahleseproben (Colenbrander, Oculus, Radner) sind die Visuswerte jeder Lesezeile bereits für mehrere Prüfentfernungen angegeben, so dass sich eine Umrechnung in den meisten Fällen erübrigt. Nur in dem Fall, dass bei der Messung eine andere als die vom Hersteller vorgesehene Entfernung gewählt wurde, muss der von der Tafel abgelesene Sehschärfewert auf die tatsächlich geprüfte Entfernung umgerechnet werden. Wurde z.B. mit einer Leseprobe, die für 40 cm berechnet wurde, in 10 cm gemessen und dabei die mit dem Visuswert 0,2 beschriftete Zeile erkannt, so ist die Nahsehschärfe in 40 cm nur 0,2·(10 cm/40 cm) = 0,05.
Bei der Dokumentation des Lesevermögens sollte die Art des Lesetextes, die Anzahl der Fehler, die Geschwindigkeit und das Textverständnis notiert werden, z.B.: „Oculus Nahsehprobe 2, Visusstufe 0,8, in 40 cm flüssig und fehlerfrei gelesen“.
2a.7 Qualitätskriterien
Wie bei der Prüfung der Sehschärfe für die Ferne müssen auch bei der Nahsehschärfeprüfung die physikalischen und prüftechnischen Bedingungen exakt eingehalten werden, wenn man zuverlässige Ergebnisse erhalten möchte.
Deshalb ist von der Verwendung von veralteten Nahleseproben, wie z.B. der Nieden- oder der Jäger-Tafel dringend abzuraten, denn bei den alten Nahleseproben stimmt die Buchstabengröße und die Schriftart nicht genau mit den in der Norm geforderten Werten überein. Die mit diesen Tafeln gemessenen Nahlesesehschärfewerte sind deshalb z.T. fehlerhaft.
2a.8 Literatur
1. Altpeter K E, Marx T, Nguyen N X, Naumann A, Trauzettel-Klosinski S (2015) Measurement of reading speed with standardized texts: a comparison of single sentences and paragraphs. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 253(8):1369-75. doi: 10.1007/s00417-015-3065-4
2. Burggraf, M H (2016) Augenärztliche Begutachtung. Deutschland, Thieme Verlag, Stuttgart
3. Diepes H, Krause K, Rohrschneider K (2007) Sehbehinderung, Ursachen – Auswirkungen – Versorgung. DOZ Verlag, Heidelberg
4. DIN 5340:2022-11 Begriffe der physiologischen Optik (2022) DIN Media, Berlin
5. DIN 58220-3:2021-04: Sehschärfebestimmung - Teil 3: Prüfung für Gutachten. (2021) DIN Media, Berlin
6. DIN EN ISO 8596:2018-04 Augenoptik – Sehschärfeprüfung –Normsehzeichen und klinische Sehzeichen und ihre Darbietung (2018) DIN Media, Berlin
7. DIN EN ISO 7921:2024-6: Augenoptik und ophthalmische Instrumente – Nahlesesehschärfetafeln (2024) DIN Media, Berlin
8. DIN EN ISO 10938:2017-02 Augenoptik – Anzeigetafeln für die Sehprüfung – Gedruckt, projiziert und elektronisch (2017) DIN Media, Berlin
9. Flom M, Weymouth F, Kahneman D (1963) Visual resolution and contour interactions. J Opt Soc Am 53: 1026–1032
10. Gramberg-Danielsen B, Mewe L (1982) Augenärztliche Begutachtung im Versicherungswesen. Bücherei des Augenarztes, Heft 91, Enke Verlag
11. Haase W, Hohmann A (1982) Ein neuer Test (C-Test) zur quantitativen Prüfung der Trennschwierigkeiten („crowding”) - Ergebnisse bei Amblyopie und Ametropie. Klin Monatsbl Augenheilkd 180(3): 210-5
12. ISO 3:1973-04 (1973) Normzahlen; Normzahlreihen. DIN Media, Berlin.
13. ISO/DTR 19489:2015-12 (2015) Ophthalmic optics and instruments — Correlation of optotypes. Technical Report. DIN Media, Berlin
14. Radner W (2016) Ophthalmologische Leseproben. Teil 1: Historische Aspekte. Ophthalmologe 113: 918-92424
15. Radner W (2019) Standardization of Reading Charts: A Review of Recent Developments. Optom Vis Sci 96:768–779. doi: 10.1097/OPX.0000000000001436
16. Radner W, Radner M, Daxer B, Benesch T, Ettl A (2022) Font effects on reading parameters: comparing Radner Reading Charts printed in Helvetica and Times Roman. Graefe's Archive for Clinical and Experimental Ophthalmology 260:3387–3394. doi: 10.1007/s00417-022-05665-y
17. Radner W (2024) Toward an internationally accepted standard for reading charts. Progress in Retinal and Eye Research 101, 101262. doi: 10.1016/j.preteyeres.2024.101262
18. Rohrschneider K, Tost F (2025) Zur gutachterlichen Berücksichtigung des Navisus speziell beim Grad der Behinderung. Der Augenarzt 59, 137-138
19. Steffen H, Kaufmann H (2020) Strabismus, Thieme Verlag, 5. Auflage S. 175ff
20. Trauzettel-Klosinski S, Dietz K and the IReST Study Group (2012) Standardized assessment of reading performance: The New International Reading Speed Texts IReST. Invest Ophthalmol Vis Sci 53(9):5452-61. doi: 10.1167/iovs.11-8284
21. Trauzettel-Klosinski (2019) Aktuelle Möglichkeiten der visuellen Rehabilitation. Spektrum Augenheilkd. 33: 89–104. doi: 10.1007/s00717-019-0432-2
22. Völcker, H E, Gramberg-Danielsen B (1994) Schäden des Sehvermögens. Empfehlungen von DOG und BVA von 1994. Der Ophthalmologe, 91:403–407
23. Wesemann W, Schiefer U, Bach M (2010) Neue DIN-Normen zur Sehschärfebestimmung. Ophthalmologe 107: 821-826, doi: 10.1007/s00347-010-2228-2
24. Wesemann W, Heinrich SP, Jägle U et al. (2020) Neue DIN- und ISO-Normen zur Sehschärfebestimmung, Ophthalmologe 117: 19–26, doi: 10.1007/s00347-019-0943-x
2a.9 Tabellen
2a.9.1 Internetadressen
Nahlesetafeln nach DIN EN ISO 7921
Spezialisierte Lesetafel zur Bestimmung der Lesegeschwindigkeit IReST Lesetest https://www.visus.de (Fa. Visus GmbH)
Tafel zur Prüfung von Trennschwierigkeiten C-Test nach Haase/Hohmann https://www.oculus.de (Fa. Oculus Optikgeräte GmbH)
Alle URLs waren gültig am 2025-10-05. Angegeben sind Hersteller-Sites und evtl. deutsche Bezugsquellen ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
2a.9.2. Tabelle Nahleseproben
Vorbemerkung: Die folgenden Nahleseproben wurden nach den Forderungen der Norm DIN EN ISO 7921 gestaltet. Bei den Lesetexten wurde der Schriftgrad (Schriftgröße, font size) so gewählt, dass die Höhe des Kleinbuchstaben „x“ (die „x-Höhe“) genauso hoch ist wie ein nach DIN EN ISO 8596 genormter Landoltring vom gleichen Visuswert.
| Bezeichnung der Leseprobe | Colenbrander Lesetest (Continuous Text Reading Card) |
| Art der Sehzeichendarbietung | Gedruckte Sehtesttafel (Hartplastik 17,7 x 22,8 cm) |
| Art der Sehzeichen | Lesetexte |
| Verwendete Schriftfamilie | Barock-Antiqua mit Serifen (ähnlich Times New Roman) |
| Sehschärfebereich der Lesetexte | Für Prüfentfernung 40 cm: 0,063 – 1,25 |
| Art der Lesetexte | 14 kurze Lesetexte, die aus einem oder zwei Sätzen bestehen. Die Lesetexte für die Visuswerte 0,063 – 0,1 enthalten 8 – 9 Wörter. Die Lesetexte für die Visuswerte 0,12 – 1,25 bestehen aus 14 – 18 Wörtern. |
| Abstufung | Logarithmiert äquidistante Abstufung nach DIN EN ISO 7921. Stufengröße 0,1 logRAD |
| Abbruch-Kriterium für den Landoltringtest | Keine Landoltringe vorhanden |
| Prüfentfernung, für die die Visuswerte der Optotypen vom Hersteller angegeben sind | 40 cm |
| Angabe des gemessenen Nahlesesehschärfewerts als | dezimale Nahlesesehschärfe, Normalentfernung in Meter; Snellen-Bruch in Meter und Fuß |
| Kompatibilität der Landoltringe mit DIN 58220 –Teil 3 und DIN EN ISO 8596 | Keine Landoltringe vorhanden |
| Möglichkeit zur Kontrolle der Prüfentfernung in die Tafel integriert? | Ja, 40 cm Kordel |
| Welche Messgrößen für die Sehschärfe können ermittelt werden? | Nahlesesehschärfe, Lesegeschwindigkeit, kritische Buchstabengröße |
| Besonderheiten | 1) Auch in 9 anderen Sprachen erhältlich. 2) Außer der hier genannten Nahleseprobe gibt es weitere Versionen der Colenbrander-Tafel, wie z.B. Leseproben mit unterschiedlichen Kontrasten sowie eine Leseprobe für einen Abstand von 1 Meter. |
| Bezeichnung der Leseprobe | Oculus Nahleseprobe 2 |
| Art der Sehzeichendarbietung | Gedruckte Sehtesttafel (Ringbuch DIN A5) |
| Art der Sehzeichen | Lesetexte, Zahlen, Landoltringe, E-Haken |
| Verwendete Schriftfamilie | Lesetexte und Zahlen: Serifenlose Linear-Antiqua (Arial), „Zeitungsdruck“: Times New Roman |
| Sehschärfebereich der Lesetexte | Für Prüfentfernung 40 cm: 0,063 – 1,0 |
| Art der Lesetexte | 27 drei- bis neunzeilige Lesetexte. Die Lesetexte für die Visuswerte 0,063 – 0,32 enthalten 8 – 27 Wörter. Die Lesetexte für die Visuswerte 0,4 – 1,0 bestehen aus 42 – 70 Wörtern. Zusätzlich 2 lange Texte mit “Zeitungsdruck” für Erwachsene und Kinder mit ca. 160 Wörtern. |
| Abstufung | Logarithmiert äquidistante Abstufung nach DIN EN ISO 7921. Stufengröße 0,1 logRAD |
| Abbruch-Kriterium für den Landoltringtest | 3 Richtige von 5 Landoltringen oder 6 Richtige von 10 |
| Prüfentfernungen, für die die Visuswerte der Optotypen vom Hersteller angegeben sind. | 25 cm, 33 cm und 40 cm |
| Angabe des gemessenen Nahlesesehschärfewerts als | dezimale Nahlesesehschärfe |
| Kompatibilität der Landoltringe mit DIN 58220 –Teil 3 und DIN EN ISO 8596 | Ja. Pro Visusstufe sind 2 unterschiedliche Gruppen mit 5 Landoltringen vorhanden. |
| Möglichkeit zur Kontrolle der Prüfentfernung in die Tafel integriert? | Nein |
| Welche Messgrößen für die Sehschärfe können ermittelt werden? | Nahlesesehschärfe, Lesegeschwindigkeit, kritische Buchstabengröße, Nahsehschärfe für Landoltringe und E-Haken |
| Besonderheiten | Enthält auch: Fahrplan, Telefonbuch, Noten, Zeitungsdruck und eine Lösungskarte für die Landoltringe und E-Haken. |
| Bezeichnung der Leseprobe | Radner Lesetafeln |
| Art der Sehzeichendarbietung | Gedruckte Sehtesttafeln (Ringbuch DIN A4) |
| Verwendete Schriftfamilie | Text: Serifenlose Linear Antiqua (Helvetica), |
| Zahlen: Serifenlose Radner-Götlinger Zahlen | |
| Sehschärfebereich der Lesetexte | Für Prüfentfernung 40 cm: 0,063 – 1,6 |
| Art der Lesetexte | 52 standardisierte dreizeilige Lesetexte für die Visuswerte 0,08 – 1,6 mit jeweils 14 Wörtern, die aus einem Hauptsatz und einem Relativsatz bestehen. Zusätzlich 3 Zeilen für den Visuswert 0,063 mit jeweils 4 Wörtern und 3 lange Lesetexte mit jeweils 111 Wörtern für die Visuswerte 0,2; 0,32 und 0,4. |
| Abstufung | Logarithmiert äquidistante Abstufung nach DIN EN ISO 7921. Stufengröße 0,1 logRAD |
| Abbruch-Kriterium für den Landoltringtest | 3 Richtige von 5 Landoltringen. |
| Prüfentfernungen, für die die Visuswerte der Optotypen vom Hersteller angegeben sind. | 32 cm, 40 cm und 63 cm |
| Angabe des gemessenen Nahlesesehschärfewerts als | dezimale Nahlesesehschärfe, logRAD, Vergrößerungsbedarf für 25 cm |
| Kompatibilität der Landoltringe mit DIN 58220 –Teil 3 und DIN EN ISO 8596 | Nein: Die Orientierung der Landoltringe entspricht nicht durchgehend DIN 58220-3:2021-04. Ferner entspricht der horizontale Abstand zwischen den Landoltringen nicht durchgehend den Forderungen der DIN EN ISO 8596:2018-04. |
| Möglichkeit zur Überprüfung der Prüfentfernung in die Tafel integriert? | Nein |
| Welche Messgrößen für die Sehschärfe können ermittelt werden? | Nahlesesehschärfe, Lesegeschwindigkeit, kritische Buchstabengröße, Nahsehschärfe für Landoltringe und Zahlen, Vergrößerungsbedarf |
| Besonderheiten | 1) Auch in 10 anderen Sprachen erhältlich. 2) In jeder Visusstufe können vier verschiedene Lesetexte angeboten werden. 3) Die Lesetexte sind im sprachlichen Niveau, in der syntaktischen Struktur sowie in den Satz- und Wortlängen standardisiert. |